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Was ist das Kollektiv?

J.Geis (Zitate von wikipedia, Fr. Engels, Lewis Morgan)
Das Kollektiv kennen viele jüngere nur noch von den "Borg" aus Raumschiff Enterprise "Widerstand ist zwecklos, assimilieren sie sich!" Bedeutet das Kollektiv wird dort als übermächtige unheimliche Macht dargestellt, in dem der einzelne aufgesaugt wird. Die gute 7 of 9 relativiert diesen Eindruck im Laufe der 3. Staffel etwas.
Im Sprachgebrauch ist das Kollektiv nah an "Team" oder "Mannschaft", eine relativ klar umrissene Gruppe mit gemeinsamer Ausrichtung der Aktivität, der Tätigkeit oder der Ziele. Das viele Ziele alleine nicht erreicht werden können geht der Mensch seit frühester Kulturgeschichte kollektive Formen des Zusammenlebens ein. Wäre die Menschen nur einzelnd, egoistisch gewesen oder geblieben, so hätte niemals irgendeine Entwicklung stattgefunden.
Der Begriff Kollektiv (lat: colligere „zusammensuchen“, „zusammenlesen“) beschreibt unspezifisch soziale Gebilde, deren Zugehörige nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten zusammengefasst werden – es kann etwa ein Volk, eine Klasse, eine Belegschaft sein.

Zoon Politikon (griech. ζῷον πολιτικόν, „Lebewesen in der Polisgemeinschaft“) ist einerseits ein philosophischer Fachterminus, andererseits ist der Ausdruck als Fremdwort in die deutsche Sprache eingegangen. In beiden Varianten geht es um eine Wesensbestimmung des Menschen, wie sie der antike griechische Philosoph Aristoteles insbesondere in seiner Politik vorgestellt hat. Platon beschreibt in seinen Werken Politikos und Phaidros den Menschen als naturgemäß politisches Wesen.

Der Gedanke eines kollektiven Wesens des Menschen ist somit belegbar zu alt wie die schriftlichen Aufzeichnungen in Europa und nichts Neues. Da die Polis noch näher am Ursprung der Zivilisation war, konnten die alten Denker diese einfachen Tatsachen als natürlich voraussetzenm.

Die Propagierung des Einzelnen ist dagegen ein Gedanke des 20sten Jahrhunderts und wird wahrscheinlich als Mode in die Geschichte eingehen. Selbst die Vordenker dieses Gedanken würden deren Ausformung heute kaum nachvollziehen können.

Der große Philosoph Friedrich Engels schrieb in seiner sehr lesenswerten Untersuchung, "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" Im Anschluß an Lewis H. Morgans Forschungen ("Die Urgesellschaft" Anmerkung J.Geis)
Geschrieben Ende März bis 26. Mai 1884:
Die Stufe der Warenproduktion, womit die Zivilisation beginnt, wird ökonomisch bezeichnet durch die Einführung 1. des Metallgeldes, damit des Geldkapitals, des Zinses und Wuchers; 2. der Kaufleute als vermittelnder Klasse zwischen den Produzenten; 3. des Privatgrundeigentums und der Hypothek und 4. der Sklavenarbeit als herrschender Produktionsform. Die der Zivilisation entsprechende und mit ihr definitiv zur Herrschaft kommende Familienform ist die Monogamie, die Herrschaft des Mannes über die Frau, und die Einzelfamilie als wirtschaftliche Einheit der Gesellschaft. Die Zusammenfassung der zivilisierten Gesellschaft ist der Staat, der in allen mustergültigen Perioden ausnahmslos der Staat der herrschenden Klasse ist und in allen Fallen wesentlich Maschine zur Niederhaltung der unterdrückten, ausgebeuteten Klasse bleibt. Bezeichnend für die Zivilisation ist noch: einerseits die Fixierung des Gegensatzes von Stadt und Land als der Grundlage der gesamten gesellschaftlichen Arbeitsteilung; andrerseits die Einführung der Testamente, wodurch der Eigentümer auch noch über seinen Tod hinaus über sein Eigentum verfügen kann. Diese der alten Gentilverfassung direkt ins Gesicht schlagende Einrichtung war in Athen bis auf Solon unbekannt; in Rom ist sie schon früh eingeführt, wann, wissen wir nicht; bei den Deutschen führten die Pfaffen sie ein, damit der biedre Deutsche sein Erbteil der Kirche ungehindert vermachen könne.
Mit dieser Grundverfassung hat die Zivilisation Dinge vollbracht, denen die alte Gentilgesellschaft nicht im entferntesten gewachsen war. Aber sie hat sie vollbracht, indem sie die schmutzigsten Triebe und Leidenschaften der Menschen in Bewegung setzte und auf Kosten seiner ganzen übrigen Anlagen entwickelte. Die platte Habgier war die treibende Seele der Zivilisation von ihrem ersten Tag bis heute, Reichtum und abermals Reichtum und zum drittenmal Reichtum, Reichtum nicht der Gesellschaft, sondern dieses einzelnen lumpigen Individuums, ihr einzig entscheidendes Ziel. Wenn ihr dabei die steigende Entwicklung der Wissenschaft und zu wiederholten Perioden die höchste Blüte der Kunst in den Schoß gefallen ist, so doch nur, weil ohne diese die volle Reichtumserrungenschaft unsrer Zeit nicht möglich gewesen wäre.
Da die Grundlage der Zivilisation die Ausbeutung einer Klasse durch eine andre Klasse ist, so bewegt sich ihre ganze Entwicklung in einem fortdauernden Widerspruch. Jeder Fortschritt der Produktion ist gleichzeitig ein Rückschritt in der Lage der unterdrückten Klasse, d.h. der großen Mehrzahl. Jede Wohltat für die einen ist notwendig ein Übel für die andern, jede neue Befreiung der einen Klasse eine neue Unterdrückung für eine andre Klasse. Den schlagendsten Beweis dafür liefert die Einführung der  Maschinerie, deren Wirkungen heute weltbekannt sind. Und wenn bei den Barbaren der Unterschied von Rechten und Pflichten, wie wir sahen, noch kaum gemacht werden konnte, so macht die Zivilisation den Unterschied und Gegensatz beider auch dem Blödsinnigsten klar, indem sie einer Klasse so ziemlich alle Rechte zuweist, der andern dagegen so ziemlich alle Pflichten.
Das soll aber nicht sein. Was für die herrschende Klasse gut ist, soll gut sein für die ganze Gesellschaft, mit der die herrschende Klasse sich identifiziert. Je weiter also die Zivilisation fortschreitet, je mehr ist sie genötigt, die von ihr mit Notwendigkeit geschaffnen Übelstände mit dem Mantel der Liebe zu bedecken, sie zu beschönigen oder wegzuleugnen, kurz eine konventionelle Heuchelei einzuführen, die weder früheren Gesellschaftsformen noch selbst den ersten Stufen der Zivilisation bekannt war und die zuletzt in der Behauptung gipfelt: Die Ausbeutung der unterdrückten Klasse werde betrieben von der ausbeutenden Klasse einzig und allein im Interesse der ausgebeuteten Klasse selbst; und wenn diese das nicht einsehe, sondern sogar rebellisch werde, so sei das der schnödeste Undank gegen die Wohltäter, die Ausbeuter.
Und nun zum Schluß Morgans* Urteil über die Zivilisation:
"Seit dem Eintritt der Zivilisation ist das Wachstum des Reichtums so ungeheuer geworden, seine Formen so verschiedenartig, seine Anwendung so umfassend und seine Verwaltung so geschickt im Interesse der Eigentümer, daß dieser Reichtum, dem Volk gegenüber, eine nicht zu bewältigende Macht geworden ist. Der Menschengeist steht ratlos und gebannt da vor seiner eignen Schöpfung. Aber dennoch wird die Zeit kommen, wo die menschliche Vernunft erstarken wird zur Herrschaft über den Reichtum, wo sie feststellen wird sowohl das Verhältnis des Staats zu dem Eigentum, das er schützt, wie die Grenzen der Rechte der Eigentümer. Die Interessen der Gesellschaft gehn den Einzelinteressen absolut vor, und beide müssen in ein gerechtes und harmonisches Verhältnis gebracht werden. Die bloße Jagd nach Reichtum ist nicht die Endbestimmung der Menschheit, wenn anders der Fortschritt das Gesetz der Zukunft bleibt, wie er es war für die Vergangenheit. Die seit Anbruch der Zivilisation verflossene Zeit ist nur ein kleiner Bruchteil der verflossenen Lebenszeit der Menschheit; nur ein kleiner  Bruchteil der ihr noch bevorstehenden. Die Auflösung der Gesellschaft steht drohend vor uns als Abschluß einer geschichtlichen Laufbahn, deren einziges Endziel der Reichtum ist; denn eine solche Laufbahn enthält die Elemente ihrer eignen Vernichtung. Demokratie in der Verwaltung, Brüderlichkeit in der Gesellschaft, Gleichheit der Rechte, allgemeine Erziehung werden die nächste höhere Stufe der Gesellschaft einweihen, zu der Erfahrung, Vernunft und Wissenschaft stetig hinarbeiten. Sie wird eine Wiederbelebung sein - aber in höherer Form - der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit der alten Gentes." (Morgan, "Ancient Society", p. 552.)
 
wiki:
Als politisches Kollektiv wird ein soziales Gebilde mit fortschrittlichen und gemeinsamen Zielen bezeichnet, deren sich freiwillig organisierende Mitglieder durch gemeinsame Arbeit miteinander verbunden sind und nach den Grundsätzen der Gleichheit und Gleichberechtigung – oft nach dem Prinzip des Konsens – Entscheidungen treffen und handeln.
Nach vergleichbaren Strukturen und an dem Konzept der Räterepublik angelehnt, definierte Anton Semjonowitsch Makarenko das Prinzip eines marxistisch kommunistischen Kollektives. Hierbei ist jedes Kollektiv gleichzeitig Mitglied des Gesamtkollektivs einer insgesamt sozialistischen Gesellschaft.

Der Begriff in der Kulturwissenschaft
Der in die Kulturwissenschaft eingeführte Begriff Kollektiv ist größer und merkmalsoffener angelegt als jener der Soziologie. Unter Kollektiv wird jede Übereinstimmung oder Zusammenschau von Personen verstanden, die eine oder mehrere Gemeinsamkeiten aufweisen.

Kollektive in der Alternativen Ökonomie
In der „Alternativen Ökonomie“ bezeichnet Kollektiv ein hierarchieloses Projekt oder einen selbstverwalteten Betrieb. Seit Ende der 1970er entstand in der Alternativbewegung in Westeuropa und Nordamerika eine Vielzahl dieser Kollektive, in denen oftmals die Entscheidungsstruktur und Vergütung auf folgenden Prinzipien beruht:

Konsensprinzip
Unter dem Konsensprinzip wird verstanden, dass die Entscheidungen in einem gemeinsamen Prozess stattfinden, dessen Ende zur Zufriedenheit aller Teilnehmenden führt.
Prinzip der Gegenseitigen Hilfe
Gegenseitige Hilfe ist ein Begriff des russischen Anarchisten Peter Kropotkin, welches dem Konkurrenzprinzip gegenübersteht und auf Solidarität fußt. Die Tauschringe wären ein Beispiel für Gegenseitige Hilfe.
Prinzip der Gemeinsamen Ökonomie
Unter Gemeinsamer Ökonomie ist zu verstehen, dass es keine hierarchie- oder leistungsbezogenen Einkünfte gibt, sondern dass alle das gleiche Einkommen erhalten oder aber sich aus einer „gemeinsamen Kasse“ das nehmen, was sie ihrer Meinung nach benötigen.

Speziell wird damit auch die Lebens- oder Arbeitsgruppe bezeichnet, in der die Gruppenaufgaben gemeinschaftlich angegangen werden und welche die Güter „zur gesamten Hand“ besitzt. Vgl. auch Gemeinnutz.

Räte-Prinzip
Kollektive verstehen sich zueinander nicht als in Konkurrenz stehend, sondern streben eine Vernetzung an, die nach dem Prinzip der Rätedemokratie funktioniert, womit im Wesentlichen gemeint ist, dass keine Entscheidungsbefugnis „nach oben“ delegiert wird, sondern bei den Kollektiven zu bleiben habe.

Besondere Formen dieser Art von Kollektivität sind die Kommunen, in denen zudem noch gemeinsam gewohnt wird, was dann als zusätzliches Prinzip von dem gemeinsamen Leben und Arbeiten verstanden wird. Da in Deutschland die Rechtsformen nicht explizit auf diese Kollektive und ihre Prinzipien zugeschnitten sind, entstehen oftmals rechtliche Probleme.
In den Ländern des Südens („Dritte Welt“) war die Kollektiv-Bewegung häufig Hoffnung einer Selbstbefreiung im Sinne einer politischen und gesellschaftlichen Emanzipation. Dabei konnte man in vielen Fällen an Formen der traditionellen – kollektiven – Ökonomie anknüpfen, wie im Fall der Ejidos in Ecuador oder der Ujamaa in Tansania.
 
Es ist natürlich einfach wenn der Zusammenschluß aus der Notwendigkeit oder aus gemeinsamen (politischen) Überzeugungen heraus entspringt. Erfahrungsberichte zeigen, dass die Menschen die Gruppen in die sie gesteckt werden (Kindergarten, Schule, Sportmannschaft, Abteilung bei der Arbeit, Altenheim...) meist als selbstverständlich akzeptieren. Leider ist die Ausrichtung dieser Teams in ihrer Zielsetzung und Struktur von den Mitgliedern gleichberechtigt selbst bestimmt. Im Kindergarten könnte dies schwer fallen, auch wenn es libertäre Kinderläden bereits gab.
Von Kollektiv sollte man nur sprechen, wenn es sich um ein gutes Team, dass wie eine Einheit auftritt und hierdurch eine große Stärke entwickelt. So spricht man der einzelnen Ameise vielleicht intelligenz ab, von dem Staat der Ameisen spricht man allerdings von einer kollektiven Intelligenz. Das Kollektiv ist eine entwickelte Stufe, die den Einzelnen allerdings nicht, wie es Gegner polemisch behaupten zur Ameise machen, wie sollte das auch funktionieren, warum sollte dies angestrebt werden. Das Kollektiv steigert die Talente des Einzelnen zum Wohle des Gesamten und des Einzelnen.
 
*
Morgan vertrat die Theorie einer monoton aufsteigenden Entwicklung der menschlichen Kultur. Demnach durchlaufen alle Kulturen drei Entwicklungsstufen: von der Stufe der „Wildheit“ im Urkommunismus über die Stufe der Barbarei bis zur höchsten Stufe, der Zivilisation. Nach Morgans Theorie müssen alle Völker diese Entwicklung durchlaufen.

  • Wildheit: Die niedrigste kulturelle Entwicklungsstufe kennt keine Viehhaltung und keine Nahrungskonservierung, sondern nur grundlegende Ernährung durch wildwachsende Pflanzen und die Jagd.
  • Barbarei: Landwirtschaft und Viehhaltung
  • Zivilisation: Die Stufe der Zivilisation zeichnet sich durch die Entwicklung der Schrift, d.h. der Geschichtsschreibung aus. Dadurch können Vergangenheit und Zukunft verbunden werden und eine weitere Entwicklung wird ermöglicht.

Daneben vertrat Morgan die Idee, dass zu Beginn der Menschheitsentwicklung alle Völker matrifokal (siehe auch matrilinear und matrilokal) gelebt hätten und die Entwicklung zum Patriarchat gleichzusetzen sei mit dem Erreichen der Zivilisation. Seiner Theorie nach ging die matrifokale Kulturstufe einher mit kollektivem Eigentum. Als sich Privateigentum mehr und mehr herausbildete, entstanden parallel dazu patriarchale Gesellschaftsstrukturen. Im ungebremsten Wachstum des Privateigentums sah er eine Gefahr für die Zivilisation: "Seit dem Eintritt der Zivilisation ist das Wachstum des Reichtums so ungeheuer geworden, …, dass dieser Reichtum dem Volk gegenüber eine nicht zu bewältigende Macht geworden ist. Der Menschengeist steht ratlos und gebannt da vor seiner eigenen Schöpfung. … Die bloße Jagd nach Reichtum ist nicht die Endbestimmung der Menschheit, …. Die Auflösung der Gesellschaft steht drohend vor uns als Abschluss einer geschichtlichen Laufbahn, deren einziges Endziel der Reichtum ist; denn eine solche Laufbahn enthält die Elemente ihrer eigenen Vernichtung." .[1]
Friedrich Engels übernahm diese Theorie von Morgan und verfeinerte sie.

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